Die Feier: Salzburg 200 Jahre bei Österreich wird zweifellos viel Erfreuliches dokumentieren. Betroffene und gewissermaßen Opfer gab es damals freilich auch. Das waren zum Beispiel die Menschen in Oberndorf und Laufen. Was Freiherr Wacquant-Geozelles verhandelte war mit den Bewohnern meiner Heimatstadt sicher nicht akkordiert. Was hat Oberndorf - Laufen mit Berlin gemeinsam? Mit Nikosia? Belfast oder Linz? Mit Jerusalem oder Tijuana? Sehr viel: Alle diese Städte waren und sind oft noch geteilt. Historisch adäquater freilich die Städte Laufenburg oder Görlitz – ebenfalls Kollateralschäden des Wiener Kongresses und der folgenden Verträge.

Die Johann Michael Rottmayr Akademie Oberndorf/Laufen versuchte die letzten Jahre mit Jugendprojekten (z. Bsp.: Leopold Kohr – vgl.: )thematische Impulse im an und für sich völlig freien künstlerischen Arbeiten während ihrer Sommersymposien in Oberndorf und Laufen einzubringen – durchaus erfolgreich.

2016 will man das Thema der geteilten Stadt aufgreifen, in der gewachsene soziale Einheiten erschwert erlebbar oder ganz zerrissen wurden. Die Jugendlichen sehen in den ersten brainstormings vor allem die "Grenzen im Kopf" und die Notwendigkeit einer überregionalen Solidarität. Das Jugendkunstprojekt 20.16 möchte an die Grenzen gehen.

Die prominenten europäischen geteilten oder umkämpften Städte wie z. Bsp.:Berlin, Nikosia, Triest, Linz....wurden im Kontext des Projektes "tokalasmak" in den letzten Jahren zusammen mit jungen Künstlern aus Oberndorf besucht und vor Ort Interventionen im Öffentlichen Raum durchgeführt.

Im Sommer 2016 besuchen die jungen Künstlerinnen auch Städte, die durch den Wiener Kongress geteilt wurden wie zum Beispiel Görlitz und Laufenburg. An symbolischen Orten werden Interventionen im öffentlichen Raum durchgeführt.

Mag. Thomas Stadler
Vorstand Kunstinitiative Kreisverkehr/Rottmayr Akademie Oberndorf-Laufen



Kein Jubeljahr – ein Erinnerungsjahr

1816 war für die Stadt Laufen ein Jahr der Trennung. Österreich feiert, der Freistaat Bayern schweigt, Laufen an der Salzach und seine Schwesterstadt Oberndorf bei Salzburg erinnern sich – und das aus gutem Grund, denn Grund zum Feiern besteht in der Salzachschleife nächstes Jahr eigentlich nicht.
Das Jahr 1816 war für die beiden Städte zunächst einmal traumatisch.
2016 jährt sich die Grenzziehung entlang von Salzach und Saalach zum 200. Mal. Ein Gebiet, das Jahrhunderte lang zum Erzbistum Salzburg gehört hatte, wurde geteilt.
Salzburg verlor einen Teil seines Hinterlandes, der heutige Rupertiwinkel wurde von Salzburg, seinem geistlichem und weltlichem Mittelpunkt abgetrennt.
Besonders hart traf es Laufen. Hier verlief die neue Grenze nun mitten durch den Ort, der Ortsteil Oberndorf gehörte fortan zu einem anderen Staat.

Zum Geist und zur Intention des Projektes

"Es war einmal ein Land, ein schönes Land mit sanften Hügeln, fruchtbaren Äckern, tiefen Wäldern und kristallklaren Seen. Es lag vor den Bergen. Die Lebensader des Landes war ein Fluss. Viele der Bewohner lebten von der Schifffahrt. Im Herzen des Landes lag seine Residenzstadt. Und das schon seit Menschen gedenken..." - so könnte ein Märchen beginnen, doch diese Geschichte ist wahr. Sie setzt sich fort wie folgt: "Doch dann kam ein Krieg, Und am Ende war kaum mehr etwas so, wie es vorher war. Den Fluss hatten fremde Politiker zur Grenze gemacht, welche das Land nun in zwei Hälften teilte – ohne Rücksicht darauf, dass so Menschen, Städte, ja, ein ganzer Landstrich auseinander gerissen wurde.
Die vormalige Lebensader war zur "blauen Grenze" geworden – kaum überwindbar, und dort, wo Brücken waren, wurde streng kontrolliert. Die Bewohner der Residenzstadt waren auf einmal von der Hälfte ihres Hinterlandes abgetrennt, vielen Bauern fehlte plötzlich ihre Hauptstadt, in die sie ihre Erzeugnisse hätten liefern können." Eine tragische Geschichte. Nun, um es vorweg zu nehmen: Das vermeintliche Märchen geht gut aus, und es kommt später eine Zeit, in der wieder zusammenfindet, was eigentlich seit jeher zusammen gehörte. Doch ganz so wie früher wurde es trotzdem nie wieder.

Dieses "Märchen" beschreibt die geschichtlichen Verwerfungen rund um das vormalige Fürsterzbistum Salzburg in Folge der napoleonischen Kriege, des Wiener Kongresses und der Münchener Verträge. 1810 wurde das gesamte Erzbistum dem Königreich Bayern angeschlossen, 1816 fielen die Stadt Salzburg und die salzburgischen Gebiete östlich von Saalach und Salzach als "Land Salzburg" an Österreich. Die ehemals salzburgischen Gebiete westlich besagter Flusslinie blieben bei Bayern. Die uralte Schifferstadt Laufen – neben Hallein bedeutendster Außensitz der Salzburger Herrscher – wurde mitten durch ihr Zentrum geteilt. Aus dem Ostteil Laufens wurde Oberndorf.

Doch weder die Städte Laufen und Oberndorf, noch der Salzburger Flachgau, welcher heute auf bayerischer Seite Rupertiwinkel heißt, stehen mit ihrer Geschichte allein auf weiter Flur. Es gibt zahlreiche Beispiele für geteilte Städte, Regionen und Länder. Sowohl in Europa, als auch in anderen Teilen der Welt sind Beispiele für Orte zu finden, deren "Regionalmärchen" der oben erzählten Geschichte in mancher Hinsicht ähneln.

Das Projekt "geteilte städte" möchte die Teilungsgeschichte des Salzburger Landes und der Orte Laufen-Oberndorf überregional kontextualisieren und künstlerisch aufarbeiten. Grenzen teilen nicht nur, sie führen auch oft die betroffenen Menschen an ihre Grenzen. Trennungsschmerz, Konflikte auf Grund neuer Strukturen, Gedanken weg zu gehen, alles hinter sich zu lassen – all das und noch vieles mehr sind Phänomene, die für gewöhnlich mit neuen, von außen diktierten Teilungen einhergehen.

Mag. art. Stefan Feiler
Leiter des Kulturamtes der Stadt Laufen

"geteilte städte - an die grenzen gehen"

Die Projektidee "geteilte städte - an die grenzen gehen" , entwickelt von Mag. Thomas Stadler aus der Grenzstadt Oberndorf zu Laufen, stellt sich zur Aufgabe, junge Künstler und Künstlerinnen über einen längeren Zeitraum mit diesem Thema zu begleiten.

Das Projekt hat das Ziel der Auseinandersetzung mit den Faktoren Trennung, Aussöhnung, Wiedervereinigung oder aber auch der einfachen Betrachtung des Themas "geteilte Städte".

Dabei möchte das Projektteam diesen Prozess nicht durch zu strikte Vorgaben eingrenzen, sondern Jugendliche zu einer aktiven Auseinandersetzung mit dem Thema in Form von "Stationen" anregen. Im Zeitraum von ca. einem Jahr (Herbst 2015 bis Sommer 2016) werden daher Workshops, Vorträge und Städtereisen organisiert und für die jungen Künstler, teilweise aber auch öffentlich, angeboten. Die gewonnenen Erfahrungen helfen dabei, zum Thema künstlerisch tätig zu werden. Auch der Austausch zwischen den Künstlern spielt dabei eine wichtige Rolle. Dieser Austausch findet nicht nur im digitalen Raum, sondern durch gemeinsam verbrachte Zeit, statt.

Das Projekt findet im Rahmen des Jubiläumsjahres "Salzburg 20.16" auch durch die differenzierte und durchaus kritische Selbstreflexion mit regionalem Bezug seinen Platz. Eine Dokumentation der vorläufigen Ergebnisse findet in Form von verschiedenen Veröffentlichungen, auch auf diesem Webauftritt, gegen Ende des genannten Projektzeitraumes, statt.

DI (FH) Stefan Spindler
Projektbegleiter, Internetagentur turn360° Salzburg